Bitteres Glück gehabt: kein neues Futter für rechte Scharfmacher. Der Täter von München war „nur“ ein Amokläufer. Muslim zwar, aber das spielt in dem Fall wohl keine Rolle. Traurig genug, wenn die Diagnose „Amok“ bereits für eine gewisse Erleichterung sorgt.
Für die Opfer und ihre Angehörigen ist das leider kein Trost. Ihnen sollte unser Mitgefühl in jedem Fall gelten. Kaum etwas ist so sinnlos wie Tod durch dummen Zufall. Und es ist letztlich dummer Zufall. Bedingt durch einen biochemischen Unfall im Hirn des Täters.
Worauf ich eigentlich hinaus will, ist aber: Es war leider nicht der einzige biochemische Unfall in einem Hirn, der da gestern in München passierte. Überall hörten Menschen plötzlich Schüsse, riefen panisch bei der Polizei an, dass bei ihnen ebenfalls geschossen werde, und lösten dadurch letztlich dieses schon halb-militärische, spektakuläre Polizeiszenario aus, in dessen Folge München sich ein wenig fühlen musste wie Istanbul eine Woche zuvor, während der wenigen Putsch-Stunden.
Wir leiden eindeutig an hysterisierendem Alarmismus, in zunehmend panischer Angst um unsere als immer wichtiger empfundenen Ichs und ihre Beziehungsgeflechte. Ich glaube nicht daran, dass Computerspiele für Amokläufe verantwortlich sind. Aber ich fürchte, dass Vorfälle wie Amokläufe durch all das smartphone-gepowerte, aufgeregte Nonstop-Geschnatter, -Getwitter und -Gewhatsappe statt einer lokal begrenzten Hysterie mittlerweile eine kaum kontrollierbare Massenhysterie auslösen können, die problematischer für die öffentliche Ordnung sind als der Amoklauf selbst.