Ich weiß nicht mal, ob ich deswegen ein schlechtes Gewissen haben sollte. Es ist ja schließlich nichts Ungewöhnliches und wahrscheinlich für drei Viertel der deutschen Bevölkerung nachvollziehbar, dass ich – wie so viele andere auch – verliebt bin ins Mittelmeerklima. Diese stabilen Hochsommer, mit einer alles bestimmenden Sonne, von Laissez faire bis Fiesta, einem erhöhten Lebensgefühl, das Prickeln von warmem, trockenem Wind auf der Haut, dazu der Duft mediterraner Pflanzen und Gewürze, das leichte Essen, die vorwiegend freundlichen, unkomplizierten Menschen. Das alles waren bis vor kurzem Auswanderungsgründe für mich!
Doch nun sieht es so aus, als ob ich meinen Hintern gar nicht mehr bewegen muss, um noch Mittelmeerklima im Alter zu erleben. Hier, im Südwesten Deutschlands, wird es bis zum Ende des Jahrhunderts bis zu 54 Sonnentage pro Jahr mehr geben als 100 Jahre zuvor. Gleichzeitig wird es wärmer, und Regen verlagert sich von den Sommermonaten weg in die Wintermonate (Mittelmeerklima = Winterregenklima).
OK, Ende des Jahrhunderts werde ich schon lange verwest sein. Aber wenn es im Tempo der letzten Jahre weiter geht, dann werden die anstehenden 20er Jahre schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf kommende mittelerdische Sonnenwonnen bieten.
Derzeit läuft alles auf ein Erwärmungsszenario von etwa 3-5°C bis zum Jahrhundertende hinaus. Zunächst mal muss man wissen, dass das globale Durchschnittswerte sind. Über den 70% Ozeanen passiert weit weniger als über den Landmassen. Sprich: „an Land“ kann man das fast verdoppeln. Also ein 6-10°C-Szenario. Frankfurt bekommt dann die Klimatabelle von Sevilla. Abgesehen davon, was das für Pflanzen und Tiere bedeutet, die bislang in Frankfurt und einem Radius von 5-700km darum heimisch waren, muss man auch fragen, was das für Sevilla bedeuten wird. Dort und im übrigen Mittelmeerraum wird man auf Lebensbewältigungspraktiken umstellen müssen, wie sie heute in manchen Gebieten Indiens oder der arabischen Halbinsel herrschen. Oder auch ncht, weil die Trinkwasserknappheit gar kein dauerhaftes Siedeln mehr ermöglichen wird. Also wohin? Wahrscheinlich erst mal nach Deutschland oder Skandinavien. Bienvenido! Wenn man nicht gerade von der AfD ist. Und kein Problem damit hat, dass da lauter Südeuropäer kommen, obwohl auch hier das Trinkwasser teilweise rationiert werden muss.
Aber damit nicht genug. Denn was ist mit den hunderten Millionen Indern und anderen Bewohnern der Wüsten- und Tropenzonen? In einer Umgebung, in der es tagsüber täglich, das ganze Jahr über, über 30°C wird und in der Nacht höchstens auf um die 20°C abkühlt, können Menschen dauerhaft überleben. Aber nicht, wenn sich beide Werte nohmals um 10°C erhöhen. Zumindest nicht dauerhaft. Auch das wird – im Verbund mit Folgen für Flora und Fauna, versiegenden Trinkwasserquellen, nicht mehr anbaubaren Nutzpflanzen und nicht mehr haltbaren Nutztieren für Fluchtbewegungen sorgen. Von einer Größenordnung, die wir uns noch gar nicht vorstellen können.
Den Rest erspare ich mir – die Zunahme von Extremwetterereignissen mitsamt deren verursachten Schäden, die Verbreitung tropischer Krankheiten auch in ehemals gemäßigten Klimazonen, oder die allgemeine Abnahme menschlicher Intelligenz (das Hirn verblödet bei zu viel Wärme).
Der Klimawandel und seine Folgen. Zahlen und Fakten über die Erderwärmung.
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